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Der öffentlich-rechtliche Verdrängungseffekt – Oder: Wie ARD und ZDF den Markt zerstören

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Öffentlich-rechtlicher Rundfunk ist eine Konstante der Bundesrepublik. Seine Existenz ist dem guten Willen geschuldet, dass es unabhängige und qualitativ hochwertige Information für alle geben solle, die sonst nicht angeboten würde. Doch die Argumentation unterliegt einem Denkfehler.


Seit der Neuregelung von vor einem Jahr wird wieder mehr über die Öffentlich-Rechtlichen, die GEZ, den Musikantenstadel oder die 8 Milliarden Euro Kosten diskutiert. Aber für eine radikale Abschaffung ist kaum jemand. Kritisiert werden Rosamunde Pilcher oder das Traumschiff, der hohe Anspruch der Öffentlich-Rechtlichen wird dennoch unterstrichen. Ohne ARD, ZDF, Deutschlandradio und seine unzähligen Landes- und Spartenkanäle (derzeit 21 TV-Programme und ein unübersichtliches Radiosendernetz) würden von morgens bis abends nur noch Bauern Frauen oder Deutschland den Superstar suchen.

Dabei ist dies ein höchst ungerechter Ausgangspunkt der Debatte. Der staatliche Rundfunk hat enorme finanzielle Mittel, die unabhängig von Konjunktur und Werbeeinnahmen fließen. Wir können bei Bildungsangeboten, Dokumentationen und Nachrichten von einem staatlichen Monopol sprechen, das jeden nachgerade zwingt seine Produkte abzunehmen. Jeder, dessen Zahlungsbereitschaft für ein Bildungsprogramm unterhalb der 17,89 Euro Rundfunkbeitrag liegt, fällt somit als potentieller Kunde für einen qualitativ hochwertigen privaten Informationskanal weg. Der Staat hat den Markt hier gar nicht erst aufkommen lassen und zementiert diesen Zustand durch seine wachsenden Angebote. Unter diesen Voraussetzungen kann ein Privatsender beim Wettbewerb mit dem Staat nicht mithalten. Auch nicht, wenn nächstes Jahr die Zwangsabgabe um 48 Cent gesenkt wird. ARD, ZDF und Deutschlandradio haben andere Anbieter ausgebootet und beherrschen den Markt. In der Volkswirtschaftslehre nennt man diesen Vorgang “crowding-out“ - oder Verdrängungseffekt.

Crowding-out bezeichnet das Verdrängen privater Marktteilnehmer durch eine erhöhte staatliche Aktivität. Die Annahme des Verdrängungseffekts entwickelte sich aus einer kritischen Beschäftigung mit dem Keynesianismus heraus. John Maynard Keynes gilt als Verfechter des Deficit-Spendings als Ausweg aus einem wirtschaftlichen Einbruch. Diese Sichtweise setzt bei der Nachfrage an, die in einer Rezession zu niedrig sei, um für Wirtschaftswachstum zu sorgen. Somit muss der Staat die Nachfragelücke schließen und quasi an Stelle der Haushalte konsumieren. Dies sorgt durch einen Multiplikatoreffekt dafür, dass die Wirtschaft angekurbelt und die Talsohle überwunden wird. Im Beispiel der defizitfinanzierten staatlichen Ausgabenpolitik tritt der Crowding-out-Effekt durch die so erhöhte Kreditnachfrage am Kapitalmarkt auf. Der Preis für das Leihen von Geld, also der Zins, steigt. Für private Haushalte und Unternehmen wird es somit kostspieliger Kredite aufzunehmen. Umfangreichere Konsum- oder Investitionsentscheidungen werden verschoben. Die private Kreditnachfrage wird aus dem Markt verdrängt. Investoren geben ihr Geld dem Staat und nicht mehr privaten Akteuren.

Das Zinsargument klingt technisch und die direkte Übertragung auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk fällt etwas schwer. Milton Friedman, der in der erwähnten Umfrage passenderweise direkt hinter Keynes landete, und dessen wirtschaftspolitische Theorie des Monetarismus die keynesianische Sichtweise in den 1970ern ablöste, gelingt es, das Ganze etwas anschaulicher und durchaus provozierend darzustellen. 1972 zerstörte der Hurrikane Agnes große Teile der US-Bundesstaaten Florida und Georgia. Friedman betont, nachzulesen in seinem Buch „Es gibt nichts umsonst“, dass angesichts einer solchen Katastrophe verdeutlicht werden kann, wie private Initiative durch staatliche Aktivität verdrängt wird. Während früher so entstandenen Schäden durch private Versicherungen und wohltätige Beihilfen begegnet worden wäre, würden heute oder besser gesagt 1972, alle nach dem Staat rufen. Persönliches Engagement und individuelle Anteilnahme werden verdrängt. Alle sitzen auf der Couch, schauen die Nachrichten und sind schrecklich betroffen, aber der Staat wird sich schon kümmern. Der Wohlfahrtsstaat sorgt für ein Crowding-out der privaten Zuwendungen an Hilfsbedürftige. Hohe Steuern zur Umverteilung und die staatliche Aktivität an sich verhindern Subsidiarität und Engagement.

Was haben Kapitalmarkt und Naturkatastrophen mit ARD und ZDF zu tun? Dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk liegt die Vermutung zu Grunde, dass Privathaushalte ohne die Zwangsgebühr nicht ausreichend „wertvollen“ Programminhalt, gemäß des Programmauftrages der Sender, nachfragen würden. Um zwischen suchende Bauern und singende Hauptschüler ein bisschen Anspruch zu schalten, ist somit eines von Nöten: staatliche Intervention. Oder, um es mit den Worten der Bundeszentrale für politische Bildung zu sagen: RTL-Zuschauer brauchen ARD und ZDF, um sich „im Alltag zurechtzufinden“. Allerdings, analog zum Zinseffekt auf dem Kapitalmarkt und zum Rückgang privater Wohltätigkeit, lässt diese staatliche Aktivität der Öffentlich-Rechtlichen sowohl auf finanzieller als auch auf inhaltlicher Ebene keinen Platz mehr für private Sender auf dem Markt, den sie bedienen. Und ihren zu bedienenden Markt, ihren Auftrag zur Grundversorgung, definieren sie immer weitreichender. Gemäß der ökonomischen Theorie der Bürokratie ist dies auch nicht weiter verwunderlich, sondern systeminhärent. ARD & Co. haben einen Anreiz ihr Budget, ihren Output und ihr Personal stetig zu vergrößern.

So ist der größte Ausgabenposten der öffentlich-rechtlichen Sender mittlerweile tatsächlich der Sport. Laut des 19. Berichts der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) geben die ARD 458,9 Millionen Euro, das ZDF 341,9 Millionen für die Übertragung von Sportereignissen aus. Nach einer Materialschlacht um die Übertragungsrechte der Champions League hat das ZDF 2007 die Preise in die Höhe getrieben und der Zuschauer nichts hinzugewonnen – nur Millionen an Beiträgen für etwas ausgegeben, was er bereits vorher werbefinanziert bei Sat.1 konsumieren konnte. Die KEF schließt nicht umsonst die Zusammenfassung ihres Berichts mit der Feststellung, dass „insbesondere beim Anzahlungsbestand Sport die Grenze des wirtschaftlich Vertretbaren erreicht“ ist. Ob Fußball und Olympia, Triathlon und Davis-Cup zur Grundversorgung zählen, ist eine noch ganz andere Frage. Den Programmauftrag zu definieren, bringt einen in philosophische Gefilde. Für diesen Beitrag ist das ein zu weites Feld.

Der Punkt ist, dass es inhaltlich und finanziell für Privatsender sinnlos ist ein Informations- und Dokumentationsangebot zu entwickeln, solange der Zuschauer dies ohnehin durch das finanzstarke Bürokratiemonster zwangsverordnet bekommt. Dass ARD & Co. als Leuchttürme des Bildungsprogramms gebraucht würden, ist gemäß des Crowding-out-Modells jedoch ein Zirkelschluss. Es gibt viele stichhaltige Argumente gegen den Rundfunkbeitrag – die Suche nach schlüssigen Argumenten dafür geht weiter.

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